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The Weekender

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Food / Interior Design / Travel

Es Jaç
Carrer Vallseca 13, Palma de Mallorca

Es Jaç ist mallorquín und heißt so viel wie „Ruheplätzchen“ – ein seltsamer Name für ein Nachtlokal. Doch da es sich um die Kneipe des illustren Modedesigners Miguel Adrover handelt, irritiert das kaum jemanden, ist der Besitzer doch für seine von Widersprüchen geprägte Biografie bekannt:
Bereits mit zwölf Jahren verließ Adrover die Schule, um auf der elterlichen Mandelfarm zu arbeiten. Ohne jede Vorbildung eroberte das Ausnahmetalent später die New Yorker Modewelt, um 2004 nach Mallorca zurückzukehren und nun als Kreativchef bei Hessnatur zu arbeiten. Adrover verbindet in Personalunion Unangepasstheit und Heimatverbundenheit, Gestaltungswillen, ökologisches Bewusstsein und Hipness. Und genau diese Mischung lässt sich auch in der Einrichtung von Es Jaç wiederfinden, die eigentlich eher nach New York passen würde als in die Altstadt von Palma: Eine überlebensgrosse tönerne Amphore dominiert den weiß getünchten Raum. Wie um alles in der Welt ist dieses Objekt gigantischen Ausmaßes hier hereingekommen? Die Antwort bleibt aus, das Staunen geht weiter: jetzt über die Schönheit der handgearbeiteten Keramik, die den Tresen schmückt und von marokkanisch anmutenden Leuchten stimmungsvoll beschienen wird. Die Bänke mit Sitzkissen, von an den Wänden verankerten Kerzenleuchtern optisch in Nischen unterteilt, weisen ebenfalls einen nordafrikanischen Einschlag auf, ebenso die baldachinartigen Dächer der beiden Toiletten. Sie sind – ein weiteres gestalterisches Highlight – ägyptischen Vogelhäuschen nachempfunden. In Handarbeit verflieste Sanitäranlagen, ein nach oben geöffneter Spülkasten, in dem dickfleischige Pflanzen wachsen, und eine bronzene Hand, die dem Gast die Seife reicht, treiben den Detailreichtum auf die Spitze. Zunächst vergisst man fast, seinen Drink zu ordern, so sehr nimmt einen der Adroversche Ideenreichtum in Beschlag. Es Jaç ist ein in sich geschlossener Kosmos, eine Oase des guten Geschmacks, in der alle Sinne gleichermaßen betört und beruhigt werden. Um diesen Ort wieder verlassen zu können, muss man sich regelrecht Mut antrinken, wo draußen doch die harte Realität der Touri-Fallen und der marodierenden Junggesellen wartet. Aus diesem Grund werden die Nächte im Es Jaç auch oft lang und alkoholreich.
Einen nehm ich noch. Salud!

 

The Weekender
Ausgabe 13
2014