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Der
Zeremonienmeister

Fashion / Interview

Seit 20 Jahren führt Jean-Luc Uzan gemeinsam mit seiner Frau Nathalie ein Unternehmen, das den schönsten Momenten im Leben gewidmet ist.

Die Rue d’Hauteville im 10. Pariser Arrondissement ist eine jener charmanten schmalen Straßen, mit denen Paris überreich gesegnet ist – und die man anderswo oft schmerzlich vermisst. Kleine Boutiquen und Galerien, das nette Restaurant auf der Ecke. Ein angenehm unaufgeregter Mix, nicht zu chichi, nicht zu ramponiert, eine Gegend, in der man sich gerne auf Entdeckungstour begibt. Hier befindet sich der Hauptsitz von Fashion New York. Der Abendmodeproduzent, der sich nicht zuletzt mit der Brautmodenkollektion Nana couture einen Namen gemacht hat, feiert in diesem Jahr sein 20. Jubiläum. Ein schöner Anlass, um Jean-Luc Uzan, der das Unternehmen zusammen mit seiner Frau Nathalie führt, einen Besuch abzustatten, mit ihm gemeinsam auf die letzten beiden Dekaden zurückzublicken und seine Pläne für die Zukunft zu erfahren.

Jean-Luc, Sie feiern in diesem Jahr ein großes Jubiläum – 20 Jahre Fashion New York. Wie werden Sie diesen Geburtstag begehen?
Jean-Luc Uzan: Diese Frage stellen wir uns auch noch immer. Wir haben verschiedene Möglichkeiten zu feiern, entweder mit Minievents in all unseren Showrooms – wir präsentieren unsere Kollektionen an insgesamt 17 Orten. Alternativ denken wir über ein großes Event im April nach. Dazu würden wir dann viele Kunden einladen, wir würden unsere Kollektionen zeigen und danach eine große Party mit Tombola veranstalten. Für unseren Auftritt bei der Red Carpet haben wir eine ganze Halle gemietet und planen ebenfalls eine sehr spezielle Veranstaltung mit Modenschau und Catering.

Heutzutage sind Celebrities als Testimonials gerade bei Abendmodeanbietern sehr beliebt. Statten auch Sie berühmte Personen aus, die Ihre Mode tragen?
Nein, das machen wir nicht. Meine Frau ist unser bestes und auch einziges Testimonial.

Sie sind nun seit 20 Jahren im Geschäft. Wie hat sich der Markt seither verändert?
Oh, der Markt hat sich sehr geändert – und für uns zum Positiven! Heute wollen die Einkäufer nicht mehr sechs oder sieben Monate im Voraus ihre Ware ordern, sie wollen weniger selbst lagern und das Risiko minimieren. Es wird viel mehr ‚on demand‘ gekauft. Wir haben hier mindestens 30.000, eher sogar 35.000 Kleider auf Lager – die immer verfügbar sind! Das bedeutet für uns natürlich eine andere Herangehensweise. Wir brauchen ausreichend Platz und müssen die Produktion vorfinanzieren. Zudem geht es beim erfolgreichen Wirtschaften nicht ausschließlich um den niedrigsten Preis – oder die beste Qualität. Man muss neben einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis einen umfassenden Service bieten. Wir gehen beispielsweise speziell auf Gestaltungswünsche einzelner Kunden ein, verändern Rocklängen oder Farben.

Und wie verhält es sich bei Brautmoden?
Da ist es genauso. Auch hier wollen die Leute ihre Order nicht mehr ein halbes Jahr im Voraus schreiben. Wir haben im Moment zehn eigene Läden und sehen selbst, dass die Konsumenten teilweise vier Wochen vor ihrer Hochzeit zu uns kommen, um ein Kleid zu kaufen. Auch hier ist also eine Beschleunigung eingetreten. Um dem schneller werdenden Umschlag gerecht zu werden, haben wir gerade Verträge mit drei chinesischen Firmen abgeschlossen, die uns Produktionszeiten von nur vier bis sechs Wochen zugesichert haben.

Seit wann haben Sie diese großen Lagermöglichkeiten?
Seit etwa zehn Jahren. In der Hochsaison haben wir sogar 50.000 Kleider hier.

Wo produzieren Sie?
In China, in Amerika und in der Türkei. Aber den größten Teil in China.

Sie sind in Paris beheimatet, jener Stadt, die weltweit als federführend in der Mode gilt. Wie beeinflusst Ihr Standort die Kollektion und das Geschäft?
Hier im Herzen von Paris zu sein, ist durchaus wichtig für uns. Vor drei Jahren wollten wir umziehen, schließlich brauchen wir viel Platz. Das hätte aber zur Folge gehabt, dass wir an den Stadtrand hätten ziehen müssen. Unsere Kunden waren von der Idee nicht begeistert. Wir sind hier nur zehn Fußminuten vom Sentier entfernt, jenem Viertel, in dem viel Direktware angeboten und gekauft wird. Unsere Kunden sind oft in der Gegend, schauen kurz vorbei, sortieren etwas ab. Das schätzt man sehr, daher haben wir beschlossen, hier zu bleiben.

Nach 20 Jahren erfolgreichen Wirtschaftens in eher schwierigen Zeiten: Was war Ihr größter Erfolg in den letzten zwei Dekaden?
Das kann ich so direkt nicht beantworten, aber ich kann sagen, worauf ich besonders stolz bin. Hier bei uns in Paris laufen alle Fäden zusammen. Wir kontrollieren und managen unser gesamtes Business selbst, haben keine Agenten und keine Distributoren. Wir sprechen hier deutsch, italienisch, englisch, französisch, portugiesisch und spanisch. Wir haben ein eigenes Büro in Ma­drid: Zwei Mitarbeiter dort kümmern sich um den spanischen Markt. Seit über zwölf Jahren verfolgen wir diese Politik, den direkten Kontakt zum Kunden zu unterhalten und zu pflegen. Das ist in meinen Augen ein großer Vorteil. Unser Unternehmen ist sehr stetig und bodenständig gewachsen. Gerade das ist, glaube ich, eines unserer Erfolgsgeheimnisse. Und die Leute wissen, dass sie uns vertrauen können.

In welcher Hinsicht?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Im letzten Jahr mussten wir unsere Preise etwas erhöhen, da der Dollarkurs sich geändert hatte. Wir haben die Preise um 10 Prozent angehoben, hatten aber über 20 Prozent an Einbußen durch den Dollarkurs. Unsere Konkurrenz hatte zur Orderzeit ihre Preise noch nicht erhöht und kam erst im Nachhinein mit einer Preiserhöhung von 20 Prozent auf die Kunden zu. Daraufhin haben wir ein sehr gutes Feedback von unseren Kunden bekommen. Zum einen für unsere Ehrlichkeit und das rechtzeitige Kommunizieren der neuen Preise, zum anderen dafür, dass wir nicht die gesamte Kostensteigerung an unsere Kunden weitergegeben haben. Um aber doch noch einmal auf Ihre Frage nach unserem größten Erfolg zurückzukommen: Wir haben vor zwölf Jahren begonnen, Brautmoden anzubieten, das war sicher eine wichtige Entscheidung. Unsere Konkurrenz kam nicht immer rechtzeitig mit den Lieferungen nach – das sahen wir als Chance für uns. Und es hat funktioniert!

 

Haben Sie den Eindruck, dass in den letzten Jahren ein breiteres Bedürfnis nach eleganter Kleidung entstanden ist? Dass sich die Leute gerne schicker kleiden?
Wenn ich heute mit der Zeit vor 20 Jahren vergleiche: ja. Nicht in allen Ländern, aber in Österreich, Deutschland, Südfrankreich und Spanien konnten wir das schon beobachten. Die Krise hat 2008 zwar besonders in Spanien zu einem Einbruch geführt, aber jetzt kommen die Kunden zurück. Zumal wir den Endverbrauchern die Möglichkeit bieten, Abendroben zu erschwinglichen Preisen zu erwerben. Für 49 bis 120 Euro kann man heutzutage ein Abendkleid kaufen. Das war früher anders, da war Abendmode meist kostspieliger. Heute haben auch Leute, die sich früher nie ein festliches Kleid hätten leisten können, die Möglichkeit, sich für einen besonderen Anlass schick zu machen. Zudem gibt es in Frankreich sehr viele Studentenfeste, Bälle und Abschlusspartys. So hat sich unsere Klientel verjüngt und wir haben in den letzten fünf Jahren sehr viele kurze Kleider verkauft. Das ist ein einträgliches Zusatzgeschäft für uns geworden.

Vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

 

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01—2016